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Anna unterweist Maria

17. Tiberius Auktion

Los 1196 Auktion

Anna unterweist Maria

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Anna unterweist Maria
Anfang 16. Jahrhundert
Schwäbischer Raum
Lindenholz geschnitzt
Höhe 72 cm

Unterweisung Marias durch Anna

Das Bildthema der Unterweisung Marias entstand im 14. Jahrhundert und entwickelte sich im Spätmittelalter, besonders im schwäbisch-fränkischen Raum, zu einer der beliebtesten Darstellungsformen. Im Mittelpunkt steht die heilige Anna, die Mutter Marias, in ihrer Rolle als Lehrerin und Wegbereiterin: Sie vermittelt ihrer Tochter Wissen und Glauben und legt damit den Grundstein für Marias künftige Aufgabe als Mutter Jesu. Die Darstellung verweist somit nicht nur auf die enge Bindung zwischen Mutter und Tochter, sondern auch auf den heilsgeschichtlichen Zusammenhang, in dem Maria später zur Trägerin der Erlösung wird.
Haltung & Komposition
Anna ist stehend wiedergegeben, bekleidet mit einem langen Mantel und einem über den Kopf gezogenen Schleier, der sie als verheiratete Frau kennzeichnet. Mit der rechten Hand drückt sie Maria, die in ungewöhnlich kleiner, doch schon kindlich gereifter Gestalt erscheint, an ihre Brust. Maria trägt das lange, offene Haar und hat die Hände in Andacht vor der Brust gefaltet – eine Geste, die bereits ihre zukünftige Rolle als demütige Mutter Christi andeutet. Mit der erhobenen linken Hand im Sprechgestus wird Anna als lehrende Mutter charakterisiert.
Stil & Physiognomie (um 1500)
Besonders eindrücklich ist die stilistische Ausarbeitung der Gesichter und Gewänder, die ganz in der Formensprache der Zeit um 1500 wurzelt. Die scharfgrätigen Augenbrauen, die mandelförmigen, wachen Augen Annas, ihre kleine spitze Nase und die Mundpartie mit Grübchen verleihen der Figur eine eindringliche Präsenz, wie sie für die spätgotische Bildsprache charakteristisch ist. Ebenso zeugen die meisterhaften Röhrenfalten in Marias Kleid unter Annas Hand sowie die markanten, V-förmigen Schüsselfalten an der Seite von der hohen Schnitzfertigkeit des Künstlers. Am Saum von Annas Gewand schließlich breiten sich kleine, fein aufgesetzte Falten aus, die fast manieristisch auf der Bodenplatte liegen und bereits ein Streben nach gesteigerter Eleganz verraten. Derartige Details offenbaren, wie sich spätgotische Elemente mit dem zunehmend spielerischen Formgefühl der beginnenden Renaissance verbanden – ganz ähnlich wie bei den frühen Werken Daniel Mauchs, des bedeutenden Ulmer Bildschnitzers, der Anfang des 16. Jahrhunderts für seine realistische Figurenauffassung und komplexen Faltenwürfe an Bedeutung erlangte. Die Figur ist daher vergleichbar mit dem Umkreis seiner Werkstatt, besonders in den wulstigen Faltengraten und in der klaren Unterscheidung zwischen enganliegenden und voluminöser konzipierten Faltenpartien.
Der Faltenwurf
Besonders auffällig ist darüber hinaus die Gestaltung des Faltenwurfs: Während der Stoff eng am Körper anliegt, schuf der Bildhauer mit komplexen Diagonalfalten und der über dem Knie gewölbten Falte ein dynamisches Spiel, das Annas Spielbein betont. So verbindet sich eine „nasse“ Stoffführung mit einer lebendigen Oberflächengestaltung, die der Szene Bewegung und Ausdruck verleiht.
Die polychrome Fassung
Annas Mantel ist in einem dunklen Grün gefasst und mit goldenen Bordüren akzentuiert; die Mantelinnenseite erscheint in einem gelben Ocker als Kontrast. Ihr Schleier und das Untergewand sind weiß gehalten. Maria trägt einen Mantel aus hellem Rot. Grün kann für Hoffnung und Wachstum stehen und bei Anna auch die erzieherische Verheißung auf das Heil ausdrücken. Marias Rot kann doppeldeutig gelesen werden: Als Farbe der Liebe und königlicher Würde und zugleich als vorausschauender Hinweis auf die Passion Christi. Das Zusammenspiel der Farben – Annas hoffnungsvolles Grün mit lehrender Autorität und Marias warmes Rot als Zeichen der sich erfüllenden Heilsgeschichte – bindet Mutter und Tochter in einen klaren Sinnakkord, der Frömmigkeit, Lehre und Erlösung sichtbar macht.
Der Aufstellungsort
Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt ist die rückseitige Aushöhlung der Figur. Dieses Verfahren diente nicht nur der Material- und Gewichtseinsparung, sondern verhinderte zugleich, dass sich das Holz zu stark spannte und Risse entstehen konnten. Es verweist außerdem auf die ursprüngliche Aufstellung in einem Altar- oder Nischenschrein, bei dem die Rückseite nicht sichtbar war.
Frömmigkeitskontext & Popularität
Die Beliebtheit des Themas hängt eng mit der zeitgenössischen Frömmigkeit zusammen: Das „Anna-Selbdritt“-Motiv und seine Varianten waren Ausdruck einer Verehrung, die familiäre Nähe und religiöse Erziehung in den Mittelpunkt stellte. In der Figurengruppe von Anna und Maria wird bereits die Beziehung zwischen Maria und Jesus vorweggenommen – sowohl im innigen Mutter-Kind-Motiv als auch in den Gesten von Unterweisung und Andacht. Der Bildhauer entwarf damit nicht nur eine ansprechende Szene zwischen Mutter und Tochter, sondern zugleich eine Vorschau auf das heilsgeschichtliche Geschehen, das durch Maria und Jesus Gestalt annimmt.
Ikonographische Einordnung
Auch wenn diese Skulptur auf das sakrale Bücherbild verzichtet, übernimmt sie zentrale Elemente der ikonographischen Tradition der Unterweisung Marias: Anna in lehrender Haltung, Maria in andächtiger Geste sowie der enge körperliche Kontakt, der den erzieherischen Charakter der Szene unterstreicht. Damit entspricht sie im Kern dem seit dem 14. Jahrhundert verbreiteten Motiv, das Maria als religiös gebildete Frau zeigt – belehrt von Anna in Tugenden und Schrift, vorbildhaft sowohl für klösterliche Kreise als auch für die Laienfrömmigkeit.
Wirkung
Die Figur vereint innige Andacht mit meisterhafter Schnitzkunst und ist damit ein einzigartiges Zeugnis spätgotischer Frömmigkeit, das Sammler:innen wie Kunstliebhaber:innen gleichermaßen fasziniert.
Literatur

Barbara Maier-Lörcher: Meisterwerke Ulmer Kunst. Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2004.

Genoveva Nitz, Anna unterweist Maria, in: Marienlexikon 1, St. Ottilien 1988, S. 160ff.

Dagmar Preising et al. (Hrsg.), Anna lehrt Maria das Lesen. Zum Annenkult um 1500. Die Unterweisung Mariens aus der Sammlung Peter und Irene Ludwig, Ausstellungskatalog Oberhausen, Bielefeld 2019.

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