Italienischer Carravaggist

Italienischer Carravaggist
Heiliger Sebastian
Ende 16./Anfang 17. Jahrhundert
Öl auf Leinwand, doubliert
105,5 x 78 cm, mit Rahmen 118 x 91 cm
Technische Untersuchung “Complex Painting Examination” (auf Ungarisch) liegt bei

Das bewegende Gemälde zeigt den heiligen Sebastian, einen der bekanntesten frühchristlichen Märtyrer. Der Überlieferung zufolge wurde er unter Kaiser Diokletian wegen seines Glaubens zum Tod durch Pfeilschüsse verurteilt. Entgegen aller Erwartungen überlebte er dieses Martyrium – eine Frau, der Legende nach die fromme Witwe Irene von Rom, fand ihn und pflegte ihn gesund.

Diese Szene greift das vorliegende Gemälde auf: Der nahezu nackte Körper Sebastians steht im Zentrum der Komposition. Eine Frau – vermutlich Irene – kniet vor ihm und zieht mit äußerster Behutsamkeit einen Pfeil aus seinem Bein. Sebastian scheint zusammengesunken, seine linke Hand ist in einer eleganten Rundung über den Kopf geführt, die Augen geschlossen, der Blick gesenkt. Die Intimität dieser Darstellung – die einfühlsame Geste, die Nähe der Köpfe – erinnert in ihrer Komposition an eine *Beweinung Christi*, bei der ebenfalls der verletzte, hilflose Körper im Zentrum emotionaler Zuwendung steht.

Stilistisch steht das Werk dem ausgehenden Manierismus nahe, einer Kunstrichtung, die sich durch bewusst gesteigerte Körperhaltungen, raffinierte Kompositionen und eine gewisse Theatralik auszeichnet. Besonders vergleichbar ist das Gemälde mit Werken von **Palma il Giovane** (1544–1628), einem venezianischen Maler des späten 16. Jahrhunderts, der religiöse und mythologische Szenen mit dramatischem Gestus und lebendiger Farbigkeit gestaltete. In der Bayerischen Staatsgemäldesammlung München befindet sich ein *Heiliger Sebastian* von Palma il Giovane, der in der klassischen Pose an einen Baum gebunden ist – im Unterschied zu der hier gezeigten, intimeren Version, in der Sebastian bereits vom Baum befreit, aber noch gezeichnet vom Martyrium ist.

Mehrere technische Untersuchungen – darunter Multispektralfotografie, Röntgenaufnahmen, zerstörungsfreie Materialanalysen, Pigmentbiopsien sowie Elementkartierungen – bestätigen sowohl die Datierung als auch die stilistische Einordnung des Werkes. Die verwendeten Pigmente stimmen mit der Malpraxis der Zeit überein, kleinere spätere Restaurierungen konnten dokumentiert werden.

Diese eindringliche Szene verbindet körperliches Leiden mit spiritueller Transzendenz – in der Bildsprache eines Malers, der unter dem Einfluss Caravaggios das Drama des Lichts, die Menschlichkeit der Figuren und die Emotionalität des Augenblicks eindrucksvoll in Szene setzt.