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Wiederentdeckung des verschollenen Originals!

17. Tiberius Auktion

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Wiederentdeckung des verschollenen Originals!
Jean Frédéric Schall
Strasbourg 1752 – 1825 Paris
Paul et Virginie
Aus der gleichnamigen Serie, um 1790-95
Öl auf Leinwand, doubliert
111 x 171 cm, mit Rahmen 123 x 183 cm
Signiert unten mittig

Jean-Frédéric Schall (1752–1825), ein elsässischer Maler und Zeichner, war einer der gefragtesten Künstler für galante und sentimentale Darstellungen im späten 18. Jahrhundert. Zwischen Rokoko und Frühromantik arbeitend, verband er die Leichtigkeit der höfischen Bildsprache mit der neuen Empfindsamkeit der Zeit. Schall war besonders dafür bekannt, literarische und moralische Themen in eine fein abgestimmte, theatralische Kompositionsweise zu übertragen.

Im Zusammenhang mit Paul et Virginie – dem 1788 erschienenen Erfolgsroman von Jacques-Henri Bernardin de Saint-Pierre – schuf Schall mehrere Gemälde und Zeichnungen, die bald als Kupferstiche verbreitet wurden. Bernardin de Saint-Pierres „Paul et Virginie“ kritisiert die sozialen Ungleichheiten des 18. Jahrhunderts und entwirft mit der Insel Mauritius ein utopisches Gegenbild einer harmonischen, klassenlosen Gemeinschaft. Inspiriert von den Ideen Jean-Jacques Rousseaus verkörpert der Roman das Ideal des „edlen Wilden“: Menschen leben im Einklang mit der Natur, teilen Besitz und Arbeit und handeln aus natürlicher Tugend. Trotz der Anwesenheit von Sklaven erscheint die Kolonialgesellschaft als moralisch gereinigte Idylle – ein empfindsamer, zugleich kritischer Spiegel der europäischen Zivilisation. Schalls Darstellungen zeigen zentrale Episoden des Romans: die Kindheit der Liebenden auf Mauritius, ihre Abschiede und Wiedervereinigungen, sowie die dramatische Schiffbruchsszene. Diese Werke wurden von Stechern wie Antoine-Louis Romanet, Pierre-Gabriel Berthault und Nicolas Colibert reproduziert und prägten maßgeblich die visuelle Rezeption des Romans. Charakteristisch für Schall sind die feine Linienführung, eine delikate Farbigkeit, die bühnenhafte Inszenierung der Figuren sowie die idealisierte Darstellung kolonialer Idylle – ein Bild einer fernen, vermeintlich unschuldigen Welt, das die Tugend, Reinheit und Tragik der Liebenden betont.

Das hier untersuchte Gemälde zeigt eine Szene aus Paul et Virginie, eingebettet in eine tropische Landschaft mit grünen Bäumen, Palmen, moosbewachsenen Hügeln und schroffen Felsen, deren erdige Töne – vor allem dunkles Braun – von einem warmen Licht durchbrochen werden. Von dieser Lichtquelle erhellt kniet Virginie vor einem Baum; rechts neben ihr liegt ein Wanderstock. Sie trägt langes blondes Haar und ein blaues Kleid mit ockerfarbenem Umhang. Neben ihr kniet Paul in brauner Hose und roter Jacke über weißem Hemd, mit schulterlangem braunem Haar. Der Jüngling legt seine rechte Hand schützend auf Virginies linken Arm und hebt die linke in einer Geste des Erschreckens oder der Überraschung. Ein Hund springt auf sein linkes Knie, das er gerad zum Aufstehen anwinkelt. Sein Stock und Wanderhut liegen vor ihm auf dem Boden.

Von rechts eilt ein dunkelhäutiger Mann in weitem Ausfallschritt herbei, die Arme vorgestreckt, als wolle er die beiden erreichen oder retten. Er trägt blaue Hosen, ein weißes Hemd und eine orangefarbene ärmellose Weste, auf dem Rücken einen großen Bastkorb mit Schleife und einen umgehängten Flaschenkürbis – wohl ein Wassergefäß. Die Szene deutet auf ein Wiedersehen oder eine Rettungssituation hin und spielt, der Romanhandlung folgend, auf Mauritius. Der Mann könnte der Sklave Domingue sein, der Paul und Virginie treu zur Seite steht. Möglicherweise zeigt das Bild den Moment, in dem er die beiden Liebenden im Dickicht findet – ein Akt der Fürsorge, der das Ideal des edlen, naturverbundenen Menschen und die humanistische Grundhaltung des Romans eindrucksvoll verkörpert.

Das Gemälde wurde 2023 von Claudio Falcucci mittels einer umfangreichen fotografischen und technischen Untersuchung analysiert. Neben Aufnahmen im Streiflicht und Makrofotografie kamen Infrarot- und UV-induzierte Fluoreszenz zum Einsatz. Die Untersuchungen ergaben, dass das Werk auf einer gewebten Leinwand gemalt wurde, überzogen mit einer rötlichen Grundierung unter dem Malschichtaufbau. Die Infrarotaufnahmen zeigen eine Unterzeichnung entlang der Figurenprofile – besonders an Virginies linker Hand, beim Hund und der Vegetation. Die Signatur erwies sich als zeitgleich mit der Malschicht, da sie dieselben Alterungsrisse und Fluoreszenzeigenschaften zeigt.

Falcucci wies zudem auf Parallelen zu einer Serie von sechs Kupferstichen hin, die Charles-Melchior Descourtis zwischen 1795 und 1797 nach Vorlagen zu „Paul et Virginie“ schuf. Vergleiche mit Exemplaren im British Museum, Art Institute of Chicago, Musée historique de Villèle in Saint-Gilles-les-Hauts und den Civic Museums of Monza zeigen eine bemerkenswerte Übereinstimmung in Motiv, Format und Detailführung. Diese Parallelen deuten darauf hin, dass die Stiche auf demselben Urbild basieren – vermutlich auf dem hier vorgestellten Gemälde, das über zwei Jahrhunderte als verschollen galt. Im Vergleich zu den später bei Auktionen aufgetauchten, teils variierenden Fassungen zeigt das vorliegende Werk eine besonders hohe Treue zu den originalen Stichen – sowohl in Format als auch in ikonographischen Details.

Als authentisches Zeugnis der empfindsamen Bildsprache Jean-Frédéric Schalls verbindet das Gemälde malerische Virtuosität mit literarischer Sentimentalität und kolonialer Imagination. Es veranschaulicht die ästhetische und ideologische Spannung des späten 18. Jahrhunderts – ein idealisiertes Kolonialidyll, in dem Natur, Unschuld und Moral zu einem harmonisierten Traum exotischer Reinheit verschmelzen.

Literatur: André Girodie, Un Peintre de Fêtes Galantes. Jean-Frédéric Schall, Straßburg 1927.

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