Spätgotisches Tafelbild

Spätgotisches Tafelbild
Deutscher Meister
Um 1500/1520
Maria Lactans
Öl auf Holz (Fichte?)
95 x 56,5, mit Rahmen 106 x 65 cm

Dieses Gemälde zeigt eine detaillierte Genreszene in einem spätgotischen Interieur. Im Vordergrund wird ein zärtlicher Moment der Mutterschaft dargestellt, in dem eine Mutter sich liebevoll um ihr Kind kümmert, indem sie es stillt und sich um seine Bedürfnisse kümmert. Dahinter knied eine Magd auf einem roten Kissen, die bereit zu sein scheint, das Kind in ein frisches Tuch zu wickeln. Die Wiege neben der Magd unterstreicht die häusliche Umgebung; der kleine Junge vor ihr sitzt auf dem Boden und spielt vertieft mit einem Handfeger. Ein Wasserkrug und eine Schüssel sind strategisch im Hintergrund platziert und symbolisieren alltägliche häusliche Rituale, während der Ofen und die umliegenden Werkzeuge auf die Wärme des häuslichen Lebens anspielen.
Der Raum ist perspektivisch verlängert, wobei architektonische Merkmale sorgfältig hervorgehoben sind, um räumliche Tiefe zu erzeugen. Auf der rechten Seite befindet sich ein großes Himmelbett, dessen rote Bezüge und Vorhänge dem Interieur eine lebendige Note verleihen und an die Kleidung der Mutter angepasst ist. Die Komposition schafft einen ausgewogenen, intimen Raum, in dem familiäre Wärme und Alltag aufeinandertreffen.
Diese Genreszene könnte symbolische Verbindungen zur biblischen Erzählung aufweisen, insbesondere zum Motiv der Maria lactans – der Jungfrau Maria, die das Christuskind stillt. Dieses verbreitete Thema, das mütterliche Zärtlichkeit und göttliche Fürsorge widerspiegelt, wird oft mit Darstellungen der Heiligen Anna, der Mutter Marias, in Verbindung gebracht, die manchmal im Hintergrund dargestellt wird und die Jungfrau als Kind stillt. Das vorliegende Gemälde mit seiner zärtlichen Darstellung der Mutterschaft erinnert an dieses biblische Bild, bei dem Mutter und Kind im Mittelpunkt der Komposition stehen. Der Junge, der mit dem Handbesen spielt, könnte entweder als Sohn der Frau oder als Diener interpretiert werden, was die häusliche, fürsorgliche Atmosphäre noch verstärkt.
Im Kontext der christlichen Ikonografie ist das Thema „Maria lactans“ zutiefst symbolisch. Es betont den göttlichen Aspekt der Mutterschaft, wobei die Jungfrau Maria durch das Stillen sowohl die Ernährung des Kindes als auch die geistige Nahrung symbolisiert, die Christus der Menschheit gibt. Die häusliche Umgebung der Szene verstärkt den Kontrast zwischen dem Heiligen und dem Alltäglichen, wobei die Heiligkeit des Stillens der Jungfrau Maria in den intimen, vertrauten Raum eines Zuhauses verlagert wird. Diese Verbindung unterstreicht die göttliche Natur des frühen Lebens Christi und die Bedeutung der mütterlichen Liebe und Fürsorge und symbolisiert eine Verbindung zwischen der heiligen Familie und den eigenen familiären Erfahrungen des Betrachters.